Human Resources – gestern Personalverwaltung, heute Business Partner und morgen Digitalisierer, Change Manager, Branding-Experte, Marketer, Prozess-Owner, Kulturattaché, Sourcer…und so weiter. Bereits beim ersten Teil des DGFP Congresses habe ich mir die Frage gestellt, warum der Personalbereich so fest davon überzeugt ist, alle Herausforderungen der Organisationswelt selbst schultern zu müssen. Die Frage, die im Anschluss in diversen Szeneblogs erörtert wurde, lautete: Mission to Mars – Ist HR im Cockpit oder in der Bodenstation? Ja, auch ich habe eingestimmt, man möchte ja mitreden. Nicht nur aus SEO-Gründen, sondern auch wegen meiner bewusst bodenständigen Haltung zu dieser Frage hier der Link zu meinem Artikel.
Und auf dem Boden möchte ich gerne bleiben, wenn ich mir die anhaltende Debatte um eines der ganz heißen Eisen der HR-Szene anschaue, die Digitalisierung.
These: HR gefällt sich als Debattierer um die Steuerungsfrage in Sachen Digitalisierung. Und täte besser daran, sie einfach auszuprobieren.
Sicher probieren sich einige Personalabteilungen in diesem Bereich bereits aus. Ich mag nicht alle über einen Kamm scheren. In meiner Wahrnehmung beschäftigt sich aber das Gros mit der Debatte unter anderem um die Frage, inwiefern HR Treiber der Digitalisierung sein solle. Wie gut HR eigentlich vorbereitet sei. Und welche Schritte man denn nun gehen müsse, damit es auch was wird mit dem ganzen Digitalisieren. Promerit hat sich jüngst aus wissenschaftlicher Perspektive diesem Thema angenommen, hier ein zusammenfassender Bericht des ap-Verlags.
Gemeinsam mit der Lufthansa Group, der Fachzeitschrift Personalwirtschaft, TNS Infratest und dem Wissenschaftspartner Prof. Sascha Kraus von der Universität Liechtenstein kam dann auch eine Studie heraus, die uns unter anderem zeigt, dass der Wille da, der Weg aber noch weit ist. Als Treiber im Unternehmen werden zuvorderst IT und die Geschäftsführung gesehen, auf Platz 3 HR. Und in Sachen digitaler Tools innerhalb der Personalabteilung bewegen sich noch knapp über die Hälfte der Unternehmen in der gestrigen Welt und setzen auf „On-Premise Solutions in ihrer HT + IT Landschaft.“
- Auszug aus einer zusammenfasenden Infografik. Auf Klick erhalten Sie die gesamte Infografik als PDF zur Ansicht. (Quelle: https://promerit.de/2016/06/benchmarking-hr-digital-wie-schafft-hr-die-transformation/)
Die Konzernwelt diskutiert. Metzgermeister Claus Böbel macht es einfach.
Ich will zum Punkt kommen: All das Untersuchen und Debattieren strengt mich an. HR liebt den Diskurs so sehr, dass ich manches Mal den Eindruck gewinne, er wird deshalb so intensiv geführt, weil er vom Machen ablenkt. Und das ist ja anstrengend. Doch nicht nur Jörg Buckmann setzt dem Digitalisierungswahn mit seinem Buch „Personalmarketing mit gesundem Menschenverstand“ einen erfrischenden Ausgleich entgegen, auch Claus Böbel, Metzgermeister aus Franken, bedient sich dieses uralten und ausgesprochen wirkungsvollen Instruments.
Im Podcast von Brand Eins (auf Spotify oder iTunes) habe ich erfahren, dass die sich die Metzgerei im 350-Seelen-Dorf Rittersbach in Franken mit einer vielerorts bekannten Herausforderung konfrontiert sah: Begrenztes Einzugsgebiet, Abnahme der Laufkundschaft, Zunahme des Onlinehandels. Was tun? Die Frage beantwortet Inhaber Claus Böbel ganz einfach: „Um zu wissen, ob etwas klappt, muss man es einfach probieren.“ Also stellte er sich die logische Folgefrage: „Was passiert, wenn man versucht, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen?“
Gesagt, getan. Claus Böbel eröffnete einen Onlineshop, seine Zweitadresse, denn das Ladenlokal blieb und bleibt bestehen. Online verkauft er ca. 900 Produkte, liefert bis Japan und Neuseeland und erwirtschaftet etwa 50% seines Umsatzes, mittlerweile 700.00 Euro/Jahr, über diesen Kanal.
Was daran so bemerkenswert ist? Dass Claus Böbel seinen gesamten Erfolg auf gesundem Menschenverstand aufbaut. „Suchmaschinenoptimierung? Google Ads? Hab ich alles nicht gemacht. Ich habe das gemacht, was ich kann, Small Talk mit meinen Kunden.“ Und er liefert gleich einen zentralen Gedanken für gute Personalwerbung hinzu:
Lehrstück á la Claus Böbel: „Was nicht kommuniziert wird, existiert für den Kunden nicht.“ Ich füge an: Redet – mit euren Mitarbeitern und Bewerbern, nicht mit euresgleichen.
Der Metzgermeister setzte folgerichtig parallel eine Facebookpräsenz auf. Während man im Laden mit einer Handvoll Kunden kommunizieren könne, gelänge dasselbe hier mit tausenden. „Der Kommunikationskanal der Zukunft, eigentlich der Gegenwart, ist digital“, sagt Claus Böbel. Und macht etwas, was ausgesprochen menschenverständlich und so gar nicht digital ist: Er hängt wichtige Facebook-Posts im Ladengeschäft auf. Genau, Papierausdrucke. So bleiben Themen präsent, vor allem für diejenigen, die eben nicht online sind – „Social Media offline“ nennt Claus Böbel das.
Und weil ja HR-seitig sofort die Frage nach zeitlichen oder personellen Kapazitäten aufflammt: Claus Böbel kommuniziert persönlich und widmet seiner Facebookseite etwa 30 Minuten täglich. Ob das auch jemand anderes machen könne? Dazu der Metzgermeister ganz klar: „Ich bin das Original. Die Leute wollen das Original, den Metzger vom Lande, den Chef.“
Und das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis von allen: Original ist originell. Dann trägt auch die Digitalisierung zur Begegnungsqualität bei.
Oder wie sehen Sie das?
Zum nachhören: