Vor drei Jahren, am 1. April 2015, haben wir großspurig behauptet, Employer Branding neu zu denken. Für alle, die sich selbstständig machen, sind die ersten drei Jahre ziemlich spannend, so auch für uns. Denn es stellt sich die Frage, ob die Idee, mit der man voller Begeisterung gestartet ist, aufgeht. Zum 3-jährigen Geburtstag wollen wir somit einen Blick zurückwerfen und uns die Frage gefallen lassen: Employer Branding neu denken schön und gut, aber was haben die beiden letztlich gemacht?
Dazu wollen wir zunächst einmal schauen, weshalb wir eigentlich gemeinsam unter neuer Flagge los marschiert sind. Wir haben menschmark gegründet, um den Menschen wieder in den Mittelpunkt sämtlicher Marketingaktivitäten zu rücken. Zu sehr haben unserem Empfinden nach kognitive Vorgehensweisen, konzeptionelle Modelle und konstruierte Kommunikationswelten das Employer Branding und Personalmarketing dominiert. Dabei haben uns 15 Jahre Employer Branding unmissverständlich vor Augen geführt, welche Bedeutung dem Menschen als Mittelpunkt jedweder unternehmerischer Handlung zukommt. Beziehungsweise zukommen sollte. Machen statt Reden war die Devise – Zeit für einen Neuanfang.
Um den Ideen, die wir in unseren Köpfen hatten, Nachdruck und Gestalt zu verleihen, haben wir ab 2015 auch wieder angefangen uns weiterzubilden. So helfen uns die Erkenntnisse aus Olivers Masterstudium im Bereich der Neurowissenschaft so wie meine Ausbildung zum Visual Facilitator weiter, gute Ideen nicht nur zu ergründen, sondern auch zu begründen. Und schließlich für Andere zugänglich zu machen. So konnten unsere Gedanken Fahrt aufnehmen. Was aber haben wir nun eigentlich anders gemacht?
Zuerst haben wir aufgehört, Attraktivität zu erheben.
Jochen Schweizer, der Event-Jochen-Schweizer, hat es wunderbar auf den Punkt gebracht, als er noch bei der Sendung „Die Höhle der Löwen“ in der Jury saß. Dort sagte er einmal:
„Wer sammelt was er hat, erhält eine Liste. Wer sammelt, was er erlebt hat, eine Geschichte.“
Jochen Schweizer
Diese Aussage ließ uns aufhorchen. Denn in 15 Jahren Employer Branding hatten auch wir dazu beigetragen, dass man Attraktivität in der Regel durch mehr oder weniger direkte Fragestellungen versucht hat zu ermitteln. Mit dem Ergebnis ellenlanger Listen und daraus abgeleiteter Sinngruppen. Erlebnisfaktor null. Und damit für Außenstehende nach wie vor erklärungsbedürftig.
Das machen wir heute anders. Wir verzichten auf Attraktivitätsfaktoren und Listen und setzen ausschließlich auf Geschichten. Aus zwei Gründen, die sich nun, nach drei Jahren, als äußerst effizient, effektiv und damit zielführend herausstellen. Zum einen hat sich die Vermutung bestätigt, dass Gutes aus sich selbst heraus entsteht. Attraktivität sollte nicht benannt oder beschrieben werden. Man sollte sie erleben. Die über 300 Geschichten, die uns in den vergangenen drei Jahren erzählt wurden, strahlen all das aus, was wir zuvor in aufwendigen modellhaften Prozessen zu erheben versuchten. Und haben so viel mehr Potenzial. Denn darüber hinaus behalten sich Menschen Geschichten deutlich besser, als die verkopfte Erklärung eines Attraktivitätsfaktors. Wie so etwas im Ergebnis aussieht, hat die Warenhauskette Manor mit Sitz in der Schweiz mit Bravour in ihren Mitarbeitervideos gezeigt. (Beispiel Abilio Fernandez).
Anschließend haben wir aufgehört, EVPs zu entwickeln.
Zumindest das, was man gemeinhin als EVP bezeichnet. Denn dabei wurden besagte Attraktivitätsfaktoren in einen weiterführenden Prozess übergeben, in dem sie wie durch einen Fleischwolf durch den Abgleich mit Zielgruppenbedürfnissen und dem Wettbewerbsumfeld gepresst wurden. So wandelten sich die Attraktivitätsfaktoren zu Modellen, die man EVP nannte und zu allem Überfluss anschließend noch zu verbalen Kopfgeburten zusammenfasste.
Heute bezeichnen wir so etwas als unterlassene Hilfeleistung. Und machen es deshalb anders. Wir sehen Arbeitgeber als Persönlichkeit und entwickeln umfassende Arbeitgeberprofile. Wir reden nicht über EVPs und Modelle, sondern über Charaktereigenschaften, Persönlichkeitsmerkmale, Motivstrukturen und Begegnungsqualität. In diesem Rahmen setzen wir verstärkt Visualisierungstechniken ein, um die komplexe Arbeitsrealität für das Unternehmen selbst wie auch für Außenstehende greifbar zu machen. So machen wir aus Employer Branding Bewusstseinsbildung.
Zu allem Überfluss haben wir schließlich aufgehört, einzelne Kampagnen zu entwickeln.
Da war in den letzten drei Jahren einer dieser Aha-Momente, als wir für unseren Kunden Tennet die Erkenntnisse aus dem Prozess der Bewusstseinsbildung in eine Kampagne übersetzen wollten. In dreifacher Ausfertigung, schließlich will der Kunde Alternativen und das letzte Wort im Sinne der Wahlmöglichkeiten. Nur haben wir festgestellt, dass vor dem Hintergrund der heterogenen Zielgruppenstruktur, den mitunter diversen Zielsetzungen und der komplexen Arbeitgeberpersönlichkeit eine Kampagne nicht ausreicht, um Attraktivität zielgruppenorientiert und gehirngerecht zu kommunizieren.
Also haben wir angefangen, gleich mehrere Kampagnenvorschläge auszuarbeiten und alle zur parallelen Verwendung vorzuschlagen. Inklusive einer Entscheidungsmatrix, welcher Ansatz und welches Medium zur angestrebten Begegnungsqualität in der jeweiligen Situation oder, für alle Marketingfetischisten, im jeweiligen Moment of Truth führt. Keine Kampagnenauswahl nötig, stattdessen aus dem Vollen schöpfen und eine passende Maßnahme für den jeweiligen Moment der Begegnung im Zuge der Candidate Jounrey wählen. Natürlich bleibt es letztlich dem Kunden überlassen, was er mit der Empfehlung macht. Das ist eben das Los der externen Berater 😉
Zu guter Letzt verzichten wir auf konkrete Projektszenarien.
Denn wie gesagt entsteht Gutes aus sich selbst heraus. Wir haben festgestellt, dass je konkreter ein Projektplan, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht aufgeht oder man wertvolle Erkenntnisse in vorgefertigte Denkmuster presst. Einmal davon abgesehen, dass das wenig Spaß macht, ist es vor allem für den Kunden wenig hilfreich. Natürlich ist es mitunter schwierig, Kunden davon zu überzeugen, dass man das fertige Ergebnis noch nicht exakt skizzieren kann. Insbesondere Einkäufer. Doch wer sich drauf einlässt, wie im vergangenen Jahr beispielsweise die Kollegen von Tennet in Bayreuth, Lehrte und Arnheim, oder aktuell die Mannschaft der Baloise Versicherung, erhält je nach Projektauftrag ein Ergebnis in Form eines umfangreichen Arbeitgebersteckbriefs und unterschiedlicher kommunikativer Ausprägungen Kampagnenausprägungen, dass die versammelte Mannschaft nicht nur überrascht sondern auch begeistert. Sicher gibt es Bausteine, die wir gerne und wiederholt anwenden, doch im Rahmen des Großen und Ganzen lassen wir ausreichend Luft für die Dinge, die sich auf dem Weg ergeben. Denn wie sagte Heinz Rudolf Kunze so schön:
„Neue Wege entstehen beim Gehen.“
Heinz Rudolf Kunze
Wer also ein vorhersehbares Szenario und im Vorfeld skizzierbare Erkenntnisse sucht, ist bei uns falsch. Wer hingegen auf Substanz setzt und das Entstehen eines wahrhaft individuellen Ergebnisses zulässt, entwickelt mit uns gemeinsam echten Mehrwert.
Unterm Strich setzen wir nicht auf konventionelle KPIs.
Insbesondere die Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft zeigen immer wieder, wie wichtig Emotionalität und erinnerungswürdige Erlebnisse sind. Geradlinige Kampagnen und chronologische Abfolgen sind hier nicht zielführend.
Also haben wir uns gedacht, machen wir das anders: Aus diesem Gedanken heraus ist bei uns der Bewertungsmaßstab das Begegnungsquotienten erstanden. Nicht als Ersatz konventioneller KPIs, die haben ihre Berechtigung, sondern als qualitative Ergänzung. Wir entwickeln und bewerten Maßnahmen anhand der Frage, wie echt, lebendig und persönlich sie sind. Dabei bestimmen wir das Benchmark der KPIs gemeinsam mit dem Kunden. So kann jeder Kunde sein eigenes Bewertungssystem entwickeln und somit festlegen, anhand welcher Kriterien er den Wirkungsgrad einzelner Maßnahmen bewerten möchte. Denn gute Kommunikation entsteht immer im Moment der Begegnung, ist also situativ und zutiefst emotional. Klassische KPIs decken das in der Regel nicht ab. Und mal im Ernst, die Frage, ob ich 500 oder 5.000 Follower habe, ob ich 27 oder 3.800 Likes generiere, sagt nichts über die Überzeugungskraft einer Aktivität aus, lediglich über deren Reichweite.
Wenn wir nun heute zurückblicken, stellen wir zwei Dinge fest: Erstens haben wir angefangen, neu zu denken und die Dinge auch tatsächlich neu gemacht. Zweitens, und das ist noch viel wichtiger, haben wir noch nie so gute Ergebnisse erzielt, wie im Moment.
Oder anders ausgedrückt: Employer Branding war noch nie so effektiv und effizient und hat noch nie so viel Spaß gemacht wie zurzeit. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns auf die nächsten drei Jahre, in denen unsere Türen all jenen offen stehen, die Employer Branding nicht nur neu denken, sondern auch neu machen wollen.
Im übrigen: In den kommenden Wochen und Monaten wird es noch einmal vertiefende Artikel zu den oben genannten Veränderungen in unserer Denk- und Arbeitsweise geben. Und wer jetzt schon einen Einblick haben möchte, wie wir das Thema Employer Branding sehen, dem lege ich noch einmal unseren Vortrag auf dem Monster Symposium 2018 ans Herz. Auf Youtube gibt es 30 Minuten über Missverständnisse und neue Ideen im Employer Branding.