Wer bin ich?

Kleiner Junge, auf einer PArkbank sitzend, hört Musik über sein Smart Phone

Kürzlich lief mir ein Interview auf Horizont.net über den Weg, in dem die Musikerin Zara Larsson über ihr Verhältnis zu sozialen Netzwerken und insbesondere dem Streamingdienst Spotify spricht. Dort sagt sie unter anderem: „Generell ist es mit Streamingdiensten sehr einfach geworden, nachzuvollziehen, welche Songs sich die Menschen tatsächlich anhören und welche eher wenige.“ Das hilft mir „…absolut. Weil es so einfach ist, zu sehen, was die Menschen mögen: In dem einen Land ist es dieser Song, in jenem ein anderer – diese Art von Research ist schon eine coole Sache.“ Eine coole Sache, aber auch eine, der man sich als Markenpfleger mit Bedacht nähern sollte.

These: Social Media führt zur seelenlosen Marke.

Was ist die Konsequenz aus der coolen Sache „Marktforschung via Social Media“? Sicherlich, dass man schneller als jemals zuvor über Geschmäcker der Zielgruppen Bescheid weiß, Trends aufkommen und abebben sieht und am Puls der Zeit bleiben kann. Das ist schon sehr interessant und mitunter inspirierend.

Denkt man aber die Aussage der Musikerin weiter, könnten daraus Alben mit abweichenden Tracklists resultieren. Je nach Geschmack der entsprechenden Region. So bekommt jeder, was er mag. Klingt verlockend, aber was sagt das über den Künstler aus? Und was über die Marke, zu der er werden will, oder die er bereits ist? Eine derart stringente Ausrichtung des Angebots an den Bedürfnissen der Zielgruppen ist im Bereich des Konsumgütermarketings sicherlich sehr reizvoll. Wenn aber Personen zu Marken werden und mit künstlerischen Inhalten inspirieren und bereichern wollen, dann droht die Gefahr, dass sie durch Anbiederung an Märkte ihre Identität verlieren. An anderer Stelle bezieht sich die Künstlerin auf Beyoncé: „Als bereits etablierter Künstler hat man es da einfacher – zum Beispiel Beyoncé […]. Sie hat zwar Facebook und Instagram, aber twittert nie und ist nicht bei Snapchat – weil die Leute sie auch so als Künstlerin respektieren.“  Respektiert, geschätzt und begehrt zu werden- daraus ziehen Marken ihre Kraft. Nicht aus purer Präsenz. Man könnte auch sagen: Mach dich schön und rar.

Klar, ich repräsentiere eine aus heutiger Sicht völlig überholte Generation, mit Namen X. Und so frage ich mich, ob die Rolling Stones oder die Beatles, Motörhead und Black Sabbath oder Pink Floyd und Genesis groß geworden wären, wenn sie sich den Strömungen ihrer vermeintlichen Zielgruppen angepasst hätten?

Vorschlag: Identitäsbildung und Selbstbewusstsein als Taktgeber für die Medienauswahl.

Til Schweiger hat einmal in der NDR 3 Talkshow gesagt, Facebook sei der Opel Ascona unter den sozialen Netzwerken. Was spielt es in Anbetracht von hunderten Millionen von Nutzern überhaupt für eine Rolle, ob ein Netzwerk gerade im Aufwind oder im Sinkflug ist? Wichtig ist doch, ob ich dieses Netzwerk sinnvoll zur Beschreibung einer Markenidentität verwenden kann. Und Ziel sollte es sein, Nutzer auf dieses Netzwerk zu lenken. Häufig drängt sich das Gefühl auf, dass Netzwerke ihrer selbst willen und vor allen Dingen der hochgejubelten Nutzerzahlen Willen verwendet werden. Es muss für ein ordentliches Grundrauschen dann schon Instagram, Snapchat, Pinterest, Facebook und Twitter sein. Mich beschleicht das Gefühl, nicht mehr Inhalt und Nutzen spielen die wichtigste Rolle, sondern die Sichtbarkeit in den Netzwerken mit den meisten Usern.

Im Ergebnis rennen wir den Usern hinterher. Das führt im schlimmsten Fall zur starken Präsenz einer schwachen Identität.
Oder wie sehen Sie das?

 

Quelle: Horizont.net

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