Marketingwunsch und Produktwirklichkeit

Bild eines jungen Schreiners, der die Oberflächenqualität eines Holzstückes prüft

Nach all den Jahren, in denen die Branche über Employer Branding sinniert und diskutiert, erlebt man noch erstaunlich oft, wie sehr bei allen Bemühungen um attraktive Abgrenzung, ja gar Alleinstellung, auf die externe Wirkung geschielt wird. Employer Branding ist das Schlagwort, das dem Fachkräftemangel und der Überalterung der Gesellschaft entgegen gesetzt wird, und das die Richtung für ein effektives Personalmarketing weißt. Allerdings liegt in der anschließenden Operationalisierung der Fokus ganz klar auf dem Teil Marketing und weniger auf dem Personal. Gefragt sind Erfolgsrezepte und Bedienungsanleitungen für erfolgreiche Vermarktung – und vor allen Dingen Quick-wins. Was meist ins Hintertreffen gerät, ist das Produkt selbst.

These: Einem hinkenden Produkt hilft auch das beste Marketing nicht auf die Sprünge

In der Regel geht man ja einen Schritt nach dem anderen. Also zunächst das Aufsetzen einer Employer Branding Strategie, anschließend die Entwicklung einer Kreativkonzeption, um im dritten Schritt das Ganze sichtbar im Markt zu entfalten. Zwar wird bei all den Bemühungen häufig über die interne Dimension des Employer Brandings und seiner Umsetzung gesprochen, am wichtigsten Rad wird aber nicht gedreht, der Arbeitsrealität.

Vielleicht sollte man sich wieder einmal vor Augen führen, woher das Personalmarketing eigentlich seine Idee bezieht, nämlich aus dem Marketing. Sicher ist der Gedanke gut, Jobs zu vermarkten. Schließlich haben wir im Marketing gelernt, wie wir auf diese Art und Weise mit der entsprechenden Kundenzentrierung Unterscheidungsmerkmale herausarbeiten und Wettbewerbsvorteile erringen können.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: der klassische Marketingmix setzt sich zusammen aus Produkt-, Preis,- Vertriebs- und Kommunikationspolitik. Die letzten beiden Aspekte sind des Personalers und auch oft genug Dienstleisters Liebling, liefern sie schließlich sichtbare Belege dafür, dass das Geld vermeintlich gut investiert ist. Mit Blick auf die eingangs gestellte These bringt das aber alles nichts, wenn das Produkt nicht wirklich gut ist. Und in diesem Kontext wird schnell klar, wo das eigentliche Problem liegt. Denn die Gehaltsstruktur (=Preispolitik) und die Arbeitsrealität (= Produktpolitik) sind ein heißes Eisen.

Vorschlag: Tue Gutes und rede darüber

Immer schön, wenn man so ein geflügeltes Wort einfach niederschreibt und jeder weiß, was gemeint ist, aber eben auch, dass die Usetzung vor erheblichen Hürden steht, die tief in den Wurzeln der Organisation verwachsen sind.  Tarifstrukturen, Gehaltsbänder, die wirtschaftliche Situation aber auch die oft jahrzenhntelang gewachsene Kultur einer Organisation lassen keine x-beliebige Anpassung der Gehaltspolitik zu. Und auch die Frage, inwiefern man die Arbeitrealität positiv verändern kann, um daraus Argumente für die Anwerbung neuer Mitarbeiter zu generieren, muss gestellt werden. Aber wie man es dreht und wendet, an einem guten Produkt geht kein Marketingweg vorbei. Wenn sich ein Begriff wie „Personalmarketing“ in deutschen Organisationen etabliert, aber zu Worthülse verkommt, weil man sich in schönen Marketingkampagnen sonnt, ohne die Personalpolitik wirklich verändern zu können, dann ist dieser Begriff schlicht fehl am Platz.

Andersherum wird ein Schuh daraus: In und mit den Personalbereichen müssen wir uns vehement dafür einsetzen, dass an der Realität gearbeitet wird. Wer wirklich wettbewerbsfähig bleiben will, muss ein gutes Produkt vorweisen, um über positive Produkteigenschaften berichten zu können. So kommen Personal und Marketing zusammen. Einfach ist das nicht und wo gehobelt wird, fallen Späne. Entsprechende Bemühungen erfordern Hartnäckigkeit, Selbstbewusstsein und eine in sich schlüssige Strategie, um intern überzeugen zu können. Aber es lohnt sich im Sinne eines ausgereiften Produkts und damit der Sicherung der wichtigsten Resource, dem Menschen. Ob Industrie 1.0, 2.7 oder eben 4.0 – der Mensch steht für die Marke ein, er entwickelt Ideen, Lösungen, Produkte, ist nah dran am Kunden und geht den gemeinsamen Weg mit, auch wenn er mal steinig wird.

Zeitungsartikel über den Callcenterbetreiber Kixxl, der die Löhne über Tarifniveau anhebt, Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 17.10.2016
Klicken, um den gesamten Zeitungsartikel zu lesen

Umso schöner, wenn man entsprechende Bemühungen dann doch einmal aufblitzen sieht, wie etwa bei den Callcenterbetreibern buw oder kixxl in Osnabrück. Letzterer ist Anfang dieser Woche mit einer entsprechenden Pressemeldung an die Öffentlichkeit gegangen. Dort wird verkündet, dass die Löhne fortan über das Tarifniveau gehoben werden, was im klassischen Marketingsinne einer Veränderung im Bereich der Preispolitik gleich kommt. Ob diese Maßnahme ausreichend ist, sei dahingestellt. Immerhin ist sie aber ein sichtbares Zeichen für die Richtung, in die Personalmarketing gehen sollte. Nämlich mit dem Fokus auf eine Personalpolitik, die Vorteile im Wettbewerb um gute Mitarbeiter ermöglicht, anziehend wirkt und somit diejenigen an Bord holt, die das gemeinsame Ziel intrinsisch motiviert verfolgen, vielleicht sogar eine Vision teilen. Auf solche Aktivitäten lassen sich gute Vermarktungsoffensive aufsetzen, um letztlich mit den richtigen Menschen am richtigen Platz Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Oder wie sehen Sie das?

PS: Das Thema scheint zu bewegen. Parallel zu meinem Beitrag habe ich heute weitere Gedanken zum Thema „Produkt Arbeit“ auf saatkorn. gefunden.

 

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