Die Aussagen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bürgen für Glaubwürdigkeit. Es wird intern befragt, gesammelt, verdichtet und rückgeschlossen. Identitätsbasiert heißt es dann – und das ist auch gut so. Damit es auch strategisch passt, wird das oberste Management ins Boot geholt. Damit legt man sicherlich einen guten Gundstein für Employer Branding. Doch ein Stein, der liegt, kommt nicht ins Rollen.
These: Employer Branding ist eine Frage der Kultur. Und gehört in das Führungsleitbild.
Das Management kennt die Richtung und weist den Weg. Das „Big Picture“ gibt Orientierung, schafft den Handlungsrahmen zur Erreichung der Ziele. Die Mitarbeiteinnen und Mitarbeiter füllen den Rahmen mit ihren Ideen und Handlungen aus. Sie sind die Arbeitrealität. Und dazwischen? Sitzt die Führungsebene, als Pufferzone zwischen Zielen und Bedürfnissen, als Ausgleichsbehälter für Druck und Gegendruck, als Mittler zwischen der großen Richtung und den kleinen Dingen des Arbeitsalltags. Sie befähigt Mitarbeiter, im Sinne der Unternehmensziele zu agieren. Und gibt der Geschäftsleitung das Gefühl für die Belange und Stimmungen in der Belegschaft. Die ja laut nahezu 100% aller Geschäftsberiche das wichtigste Kapital eines Unternehmens verkörpern.
Schenkt man Studien Glauben, so kündigt eine Vielzahl von Mitarbeitern u.a. aufgrund der direkten Vorgesetzten. Entsprechen Führungskultur und Employer-Branding-Verständnis nicht einander, verführen sich die Verantwortlichen allzu schnell. Und schüren Unsicherheit, Desinteresse, Frust. In der Folge operiert das Unternehmen mit einer Vielzahl negativ eingestellter Botschafter. Womit sich der Kreis zum identitäsbasierten Employer Branding schließt.
Employer Branding ist nach Erhebung des IST- und SOLL-Zustandes und nach der Definition der Markenarchitektur vorrangig eine Aufgabe der Führungsebene. Erstaunlich selten erlebt man die Einbindung des Themas in das Führungsverständnis und -leitbild.
Eine der ersten Maßnahmen sollte daher die Schulung und damit Befähigung der Führungsmannschaft sein, die Identität in Verbidndung mit dem erwünschten Image kulturell zu verankern. Das kann bedeuten: Changemanagement vor Kampagnenmanagement. Auch wenn alles nach Sichtbarkeit schreit. Erst dann entfaltet der identitätsbasierte Ansatz sein volles Potenzial.
Oder wie sehen Sie das?
Ja in der Theorie bzw in der Analyse ist es richtig, dass die Markenpositionierung der Arbeitgebermarke in das Führungsleitbild gehört. Denn dann schafft die Arbeitgebermarke Transparenz, Orientierung und ein gemeinsames Verständnis, wenn sie Teil der Unternehmenskultur und Wertewelt geworden ist. Jedoch sieht die Unternehmensrealität oftmals vollkommen anders aus. Die Arbeitgebermarke wird zwar mit Unterstützung des Top Management entwickelt, sehr oft unter der Regie von HR. Allerdings scheitert die strategische Implementierung im Unternehmensgefüge zwischen Leitbild, Vision, Mission, Unternehmenswerten und Führungskultur am Faktor Zeit und der Bereitschaft, Änderungen (Change) vorzunehmen. Die Vision und die Unternehmenswerte sind heilige Kühe, die niemals geschlachtet werden, das Thema Führungskultur ist in großen Organisationen eh ein Streitpunkt und wird in den Mitarbeiterbefragungen meistens eh schlecht bewertet. Die Implementierung einer Arbeitgebermarke setzt einen gewaltigen Change Prozess voraus, den viele Unternehmen nicht wagen zu gehen. Oft aus Furcht, zu viele Ressourcen zu binden bzw. langwierige Change Projekte aufzusetzen. Oftmals aber auch aus dem Grund, dass den Führungskräften pro Jahr im Schnitt 5 neue HR-Initiativen vorgestellt werden, die oft im Sande verlaufen. Daher mein Rat, die Employer Brand erstmal strategisch im HR-Bereich implementieren und quasi als Pilotprojekt durchführen. Bei diesem Thema geht es nicht nur um Führungskräfte sondern auch um die Mitarbeiter und die Mitbestimmungsgremien.
Danke für deine Erläuterungen, Birger, und den Blick hinter die Kulissen. Sicher ein Idealzustand, den ich schildere. Ohne Ideale im Kopf und im Herzen bewegt sich ja meist nicht viel. Aber ich kann deine Anmerkungen nachvollziehen – habe das auch schon das ein oder andere Mal erlebt. Und mir mehrere Male gedacht. Trotzdem kein Idealzustand.